Interviews

Auf ein Wort mit Justus Barleben

Justus Barleben, Assistenz des Chefdirigenten beim Rundfunkchor Berlin

Justus Barleben ist seit einigen Jahren der Assistent unseres Chefdirigenten Gijs Leenaars und übernimmt viele wichtige Aufgaben in der Arbeit mit dem Rundfunkchor Berlin: Er leitet Choreinstudierungen und Proben, koordiniert Probenpläne, richtet Notenmaterial ein und und und… Außerdem dirigiert er die jährliche Schola des Rundfunkchores Berlin, die Gesangsstudierenden die Möglichkeit bietet, in zwei intensiven Projektwochen die Anforderungen des professionellen Ensemblegesangs in der Praxis kennenzulernen. In gemeinsamen Proben mit dem Rundfunkchor Berlin und im Konzert erleben die jungen Sänger:innen hautnah, was den Beruf der Chorsänger:innen ausmacht. Am 08. April 2025 findet das diesjährige Schola-Konzert statt – Justus hat dafür ein Programm rund um das Thema „Träume“ zusammengestellt und verrät uns hier, unter anderem, was das beinhaltet!

Warum ist die Schola so wichtig für den Rundfunkchor?

Wir sind natürlich als Rundfunkchor immer auf der Suche nach hochqualifizierten, gut ausgebildeten, klugen Sänger:innen, um die Qualität des Chores auch in den nächsten Jahren gewährleisten und neue Stellen mit herausragenden Leuten besetzen zu können. Dazu müssen wir natürlich früh genug auf uns aufmerksam machen, damit besonders talentierte junge Menschen von uns erfahren. In den zwei Wochen, in denen die Schola läuft, sollen sie merken, was für ein tolles Berufsfeld das ist und welches Privileg es sein kann, in einem Rundfunkchor zu singen. Es ist wichtig, dass sich die jungen Sänger:innen früh genug, also während des Studiums und in den ersten Berufsjahren, danach orientieren können, was es braucht, um diesen Weg einzuschlagen. Die Anforderungen an Sänger:innen, gerade beim Rundfunkchor Berlin, sind sehr speziell, da wir von A-cappella-Programmen bis zu großer Chorsinfonik alles bedienen und eine große Spannbreite gefordert wird. In der Schola sollen junge Menschen etwas Blut lecken – wir wollen damit einen Impuls für deren weiteren Berufsweg setzen. 

Nach welchen Kriterien werden die jungen Sänger:innen ausgewählt?

Einerseits werden sie so ausgewählt, dass sie als Gruppe funktionieren. Bei einem A-cappella-Konzert müssen die Stimmen natürlich gut zusammenpassen. Andererseits wähle ich die Sänger:innen auch nach ihrer Gesangstechnik aus, da sie nicht nur bei einem A-cappella-Konzert glänzen sollen, sondern auch bei einem chorsinfonischen Konzert mithalten müssen. Auch diese zwei Schola-Wochen sollen sie natürlich stimmlich gut überstehen. Dazu gehört eine ausgefeilte Technik – man muss jeden Tag ca. drei bis fünf Stunden singen – darauf lege ich viel Wert. Wichtig ist mir aber auch Talent. Wenn ich merke, dass da jemand hochmusikalisch ist, viel Chorerfahrung mitbringt und richtig Lust auf das Projekt hat, dann möchte ich dieser Person auf jeden Fall eine Chance geben.

Wie unterscheidet sich der Klang der Schola von dem des Rundfunkchores?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten! Junge Stimmen haben natürlich einen besonderen Klang, der vielleicht grundsätzlich etwas schlanker geführt ist. Die Aufgabe ist es, dass man in diesen Klang innerhalb der zwei Wochen eine Rundung reinbringt und ihn füllt. Aber diese schlanke Stimmführung ermöglicht eine Flexibilität, die eine große Breite an Werken zur Auswahl stellt. Entsprechend habe ich auch das Repertoire für das A-cappella-Konzert gestaltet: Da erklingen Stücke, die für diese Stimmen sehr geeignet sind und in denen sie besonders zur Geltung kommen.

Was erwartet uns im Konzertprogramm?

Ich habe ein Programm zum Thema „Träume“ zusammengestellt. Die Stücke, die dort erklingen, bilden das Thema auf vielfältige Art und Weise ab: Es geht um Träume als Sehnsuchtsorte, Träume im Schlaf, das Gefühl davon, im Traum behütet zu sein. Es geht aber auch um Alpträume oder um den Zustand des Traumes, also dieses fast Meditative und Weltfremde. Dabei habe ich einen Bogen von Werken aus der Romantik bis zur Neuen Musik gespannt. Wunderbar finde ich zum Beispiel das Werk „As I Crossed a Bridge of Dreams“ von Anne Boyd. Das wurde von Tagebucheinträgen einer japanischen Hofdame aus dem 11. Jahrhundert inspiriert, die ihre Träume verschriftlicht hat. Dieses Werk ist sehr meditativ und schön! Außerdem erklingen, quasi als Kernstücke des Programms, zwei Werke mit dem Pianisten Holger Groschopp – Josef Rheinbergers „Die Wasserfee“ und Hugo Wolfs „Die Stimme des Kindes“. In der 16stimmigen Version von Gustav Mahlers „Die zwei blauen Augen“ aus seinen „Liedern eines fahrenden Gesellen“ singen die Scholaner:innen entweder allein oder nur zu zweit pro Stimme, was eine gute Herausforderung ist. Weiterhin erklingen zwei Eichendorff-Vertonungen des französischen Komponisten Philippe Hersant, die auch sehr schön sind. Am Ende geht es in die geistliche Richtung mit Max Regers „Unser lieben Frauen Traum“ und dem „Geistlichen Lied“ von Johannes Brahms, welches mit Orgel erklingt. Ein traumhaft schönes Wohlfühlprogramm sozusagen 😊

Was ist das Besondere für Dich an der Arbeit mit den Scholaner:innen?

Das Besondere ist für mich, dass ich da wahnsinnig talentierte Leute vor mir habe, die gleichzeitig auch neugierig sind und nach Input suchen. Diese Kombination macht unglaublich viel Spaß! Die Proben sind sehr konzentriert und auf hohem Niveau; die Sänger:innen sind total im Hier und Jetzt. Das hat nichts Alltägliches, sondern ist vielmehr eine besondere Situation, in der ich mit einer ganz großen Freude proben kann. Außerdem ist es sehr inspirierend, immer wieder mit neuen Leuten zu arbeiten und voneinander zu lernen. Untereinander kennen die Sänger:innen sich ja zum größten Teil auch nicht – innerhalb der zwei Wochen werden sie dann aber zu einer richtigen Gruppe, zu einem Ensemble. Es ist sehr spannend, zu sehen, wie sie sich begegnen, über das Musizieren in Kontakt kommen, und wie sich so eine Gruppe formt. Toll, wie schnell man zusammen Musik machen kann: Nach nur wenigen Minuten ist schon ein richtiger Chorklang vorhanden! Für mich ist diese Arbeit ein großes Privileg und ich freue mich sehr auf das Konzert!

Hört doch mal rein in den Schola-Klang und kommt zum Konzert!

Dienstag, 08. April 2025, 19:30 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche Berlin

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