»Ein Theater in Paris kündigt zehn Aufführungen eines Stücks mit dem Titel ›Das Martyrium des heiligen Sebastian – Mysterium in fünf Akten von Gabriele d’Annunzio‹ an. Der Erzbischof von Paris erinnert bei dieser Gelegenheit daran, dass es auf dem letzten Kongress der Diözese den Katholiken dringend anempfohlen wurde, von Theateraufführungen, die das christliche Gewissen verletzen, fernzubleiben. Diese Empfehlung bezieht sich offenbar auch auf das infrage stehende Stück, das die Lebensgeschichte eines unserer glorreichsten Märtyrer in Szene setzen und unter den unwürdigsten Umständen entstellen soll«, hieß es in einem Sendschreiben eine Woche vor der Uraufführung am 22. Mai 1911 in Paris. Fünf Stunden dauerte das »christlich-heidnische Gesamtkunstwerk« mit der Tänzerin Ida Rubinstein in der Titelrolle. Unter großem Zeitdruck hatte Debussy rund eine Stunde Musik geschrieben, von der er angeblich selbst so ergriffen war, dass er bei der Generalprobe in Tränen ausbrach. Als Ganzes ist das Mammutwerk nicht mehr aufführbar, doch Debussys Bühnenmusik hat überlebt. Zum Glück – gehört sie doch zum Schönsten, was er komponiert hat. Während meist nur die Orchestersätze gespielt werden, dirigiert in diesem Konzert DSO-Chefdirigent Robin Ticciati die gesamte Musik mitsamt den eindrucksvollen Chorszenen.
Auch Wagners letzte Oper »Parsifal« ist ein quasi-religiöses »Bühnenweihfestspiel«, dem gleich nach der Uraufführung Blasphemie vorgeworfen wurde. Es ist insofern ein spannender Kontrapunkt, programmatisch und musikalisch, zu Debussys »Le Martyre«. Claudio Abbado hat eine Suite mit Auszügen aus »Parsifal« zusammengestellt, die auch großartige Chorpartien umfasst: den Gralsritterzug und die Schlussszene des dritten Akts.
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