Interviews

Auf ein Wort mit Vartan Bassil

Vartan Bassil ist der kreative Kopf hinter den Flying Steps, einer vielfach ausgezeichneten Tanzgruppe für Urban Dance. Ursprünglich als Hobby-Breakdance-Gruppe im Berliner Wedding gegründet, sind die Flying Steps mit ihren mitreißenden Produktionen mittlerweile weltweit bekannt. Mit der einzigartigen Produktion »Flying Mozart«, die am 28. März 2025 Premiere im Berliner Theater am Potsdamer Platz feiern wird, trifft der Rundfunkchor erstmals auf die Tänzer:innen und vereint das berührende Requiem Wolfgang Amadeus Mozarts mit Breakdance. Wie das funktioniert und welche Herausforderungen dabei entstehen? Darüber hat unsere Chordirektorin Rachel-Sophia Dries mit Vartan gesprochen.

Seit wann machst Du Deine Arbeit bei den Flying Steps?

1993 hat alles angefangen. Da waren wir noch eine Breaking-Gruppe ­– Breakdance heißt ja eigentlich Breaking. Wir haben uns als jugendliche Kids zusammengetan und einfach getanzt, gebreakt, und haben schnell festgestellt, dass wir Talent haben. Wir haben dann an Meisterschaften teilgenommen und viele tolle Preise gewonnen. Das, was am Anfang eigentlich ein Hobby war, wurde also irgendwann Ernst. Und seitdem… das ist jetzt schon fast 35 Jahre her!

Das war in Berlin?

Genau, im Wedding sind wir groß geworden. Im Haus der Jugend haben wir immer gemeinsam trainiert. Das war eine sehr spannende Zeit! Wie ich dazu gekommen bin? Ich habe damals, Mitte der 1980er-Jahre amerikanische Filme gesehen, wie zum Beispiel »Beat Street« oder »Breakin‘«, das waren Filme, in denen die Hip-Hop-Kultur wiedergegeben wurde. Ich war davon so fasziniert! Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich auf dem Bett meiner Eltern versucht habe, die Moves nachzumachen. Das hat mich so gefesselt, dass ich mich immer mehr mit dieser Tanzkultur beschäftigt habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich das so lange – bis heute – machen würde. Es war eigentlich ja nie mein Berufswunsch, sondern ein Hobby, aber dieses freie Tanzen wurde dann zum Lebensmotto.

Was hast Du Dir gedacht, als der Rundfunkchor mit einer Projektidee auf Dich zukam?

Ich muss ehrlich sagen, dass mir der Rundfunkchor Berlin vorher nie ein Begriff war. Erst habe ich überlegt, was das überhaupt ist – ein Chor, der im Radio singt? Wie soll denn da eine gemeinsame Show entstehen? Ich habe dann ein bisschen recherchiert und gelesen und war fasziniert davon, dass dort so viele Menschen gemeinsam singen. Für den Produzenten Timm Zolpys und mich war dann schnell klar, dass wir ein gemeinsames Projekt unbedingt angehen sollten. Wir waren uns noch nicht sicher, um welches Stück es sich dabei drehen könnte, und auch der Umfang war uns noch nicht gleich bewusst. Aber es hat uns schon sehr gereizt, mit der Kraft eines Riesenchors etwas live aufzuführen, weil wir das vorher so noch nie gemacht hatten, und es eine tolle Möglichkeit bieten würde, etwas zu kreieren, was es in dieser Dimension noch nicht gegeben hat!  

Aktuell befinden wir uns mitten in den Proben: Was sind denn die Herausforderungen, die jetzt in der Arbeit mit dem Chor und an dem Stück auftauchen?

Eine der größten Herausforderungen ist es, die Musik zu verstehen und zu überlegen, was man eigentlich umsetzen kann und wie, vor allem auch in Bezug auf diese Masse an Menschen auf der Bühne. Unsere Produktionen beinhalten normalerweise maximal zwölf Tänzer:innen – bei „Flying Mozart“ sind mittlerweile so viele Tänzer:innen auf der Bühne wie Sänger:innen im Chor. Es ist also schon ein sehr großes Projekt! Das Ziel ist es dabei, eine richtige Zusammenarbeit zwischen Tänzer:innen und Chor zu schaffen, sodass ein Wechselspiel und Choreographien entstehen, die so ineinander fließen, dass im besten Fall die Zuschauer:innen zwischen Tanzenden und Singenden nicht mehr unterscheiden können. Dass alles auf der Bühne eine Einheit wird. Musikalisch ist es natürlich auch spannend zu sehen, wie man das Gesungene in Bewegungen übersetzen kann. Das Schöne ist, dass das gut funktioniert!

Was sind denn besonders schöne Momente und positive Überraschungen in der gemeinsamen Arbeit?

Was richtig Spaß macht, ist zu beobachten, wie sich das Ganze entwickelt und wie die einzelnen Nummern, die wir uns im Vorfeld choreographisch und stiltechnisch ausgedacht haben, funktionieren. Dabei ist es toll zu sehen, wie die verschiedenen Bausteine – Orchester, Chor und Tänzer:innen – zusammengeführt werden und miteinander harmonieren, als hätten wir schon Jahre lang zusammengearbeitet. Alle arbeiten an einem Ziel und man merkt richtig, dass alle Beteiligten dabei unglaublich viel Spaß haben. Jede/r spürt, dass gerade etwas Besonderes entsteht, was es nicht alle Tage geben wird!

Worauf kann sich das Publikum freuen?

Ich denke, für das Publikum wird es ein Erlebnis sein, das an vielen Stellen emotional schon sehr berührend wirken kann. Das Mozart-Requiem ist natürlich auch eine Trauermusik – wir versuchen, die Schwere davon darzustellen, aber alles auch in eine positive Richtung einer hoffnungsvollen Zukunft zu wenden. Beim Zuschauen spürt man das durch die Mischung an Leuten (es gibt auf der Bühne zum Beispiel einen sehr großen Altersunterschied zwischen sehr jungen Tänzer:innen und sehr erwachsenen Sänger:innen im Chor). In dieser Mischung an Menschen, die mit solch einer Leidenschaft auf der Bühne performen, merkt man einfach, wieviel Spaß und Liebe darin steckt. Das macht mich extrem glücklich, zu sehen! Auf der Bühne teilen wir, genau wie die ganze Gesellschaft, viele Ängste und Sorgen, bedingt durch Kriege, Spaltung der Gesellschaft bis hin zu Klimawandel – wir versuchen mit der Kraft der Inszenierung, die aus ganz intimen, aber auch ganz großen Bildern bestehen wird, ein positives Stück auf die Beine zu stellen. Alle sollen am Ende davon etwas mitnehmen!

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