RundfunkchorLounge »Apokalypse«

Heimathafen Neukölln

19.30 Uhr Heimathafen Neukölln Leider verpasst

„Fridays for Future“, „Extinction Rebellion“, „Die letzte Generation“ – die neuen Klimabewegungen tragen die Zukunft, oder besser die Angst, dass es keine mehr geben könnte, schon im Namen. Keine Frage, es geht um grundlegende Dinge, um Existenzielles. Die Angst vor dem Untergang der Welt, wie wir sie kennen, ist real. Die Möglichkeit, dass es so kommt, wenn wir nicht bald etwas ändern, auch.

Mit dieser Ausgabe der RundfunkchorLounge möchten wir uns mit der Apokalypse beschäftigen, diesem jahrtausendealten Topos des Weltuntergangs und den Geschichten, die man sich durch die Jahrhunderte von ihm erzählt hat und die mehr als einmal vertont wurden. Betrachten wollen wir dieses Thema aber durch die Linse einer Gegenwart, der die Zukunft abhanden zu kommen droht, wenn nicht bald etwas geschieht.

Wie immer möchten wir Sie dazu im Heimathafen Neukölln begrüßen. Und wie immer werden uns dort ausgewählte Gäst:innen besuchen, die im Gespräch das Thema des Abends beleuchten. Zu Gast sind diesmal Marion Fabian (Klimaaktivistin und Sprecherin von »Letzte Generation« und Prof. Dr. Henning Rust (Professur für Statistische Meteorologie an der FU Berlin, forscht u.a. zu den Themen Wetter- und Klimadiagnose und Meteorologische Extremereignisse).

Die Sänger:innen des Rundfunkchores Berlin werden sich unter Leitung von Gijs Leenaars um das Musikalische kümmern, ebenso DJ Malfatti. Und wie immer wird unsere fantastische Moderatorin Boussa Thiam durch den Abend führen. Auf dass es ein Morgen gibt. Und auch ein Übermorgen.

 

Neugierig auf mehr? Hier finden Sie vorab unser Interview »Auf ein Wort mit Marion Fabian«!

Tickets

Programmdetails

Programm

György Ligeti

»Hommage à Hilding Rosenberg« (1982)
für Violine und Violoncello

Yuval Herz – Violine
David Adorjan – Violoncello

Hilding Rosenberg

Choral Nr. 1 aus der Symphonie Nr. 4 »Die Offenbarung des Johannes« (1940)
für Chor a cappella

Rundfunkchor Berlin
Gijs Leenaars – Dirigent

Liedtext Übersetzung

Det brinner på den ö som heter jorden.
Vi hörde dån ur skyn och kröp i källare.
Till syner för vår själ blev bibelorden,
till hopp och tröst och helig tankeställare.
Bombplan förvandlas och får änglavingar
I rymden kring de sargade och flyende.
Sång frånden ö som hette Patmos
klingar ur ödeläggelse ich eldutspyende.
Johannes du som var en gång vår like,
profet som har vid lammets tron din varelselyft
lyft våra själar från ett mörklagt rike
mot Uppenbarelsernas Uppenbarelse!

Gedicht von Hjalmar Gullberg (1898–1961), inspiriert vom biblischen Text der Offenbarung des Johannes

Es brennt auf der Insel, die Erde heißt.
Wir hörten den Himmelsdonner und krochen in die Keller.
Bibelworte wurden zu Visionen für unsere Seelen,
zu Hoffnung und Trost und heiliger Gedankennahrung.
Bomber verwandeln sich und lassen Engelsflügel wachsen
Im Raum um die Verwundeten und Fliehenden.
Das Lied von der Insel, die Patmos heißt,
klingt nach Verzweiflung, wenn das Feuer speit.
Johannes, der uns einst ebenbürtig war,
Prophet, der am Thron des Lammes unsere Seelen erhoben hat
Befrei unsere Seelen aus einem verfinsterten Reich
hin zur Offenbarung der Offenbarung!

Olivier Messiaen

»Vocalise, pour l’ange qui annonce la fin du temps« (2. Satz) aus »Quatuor pour la fin du temps« (1941)
für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier

Yuval Herz – Violine
David Adorjan – Violoncello
Lorenzo Dainelli – Klarinette
Philip Mayers – Klavier

Wilhelm Killmayer

Auszüge aus »Schweigen und Kindheit. Sechs Lieder nach Gedichten von Georg Trakl« (1996)
2. »Untergang«
3. »Elis«
6. »Am Hügel«
für Tenor und Klavier

Holger Marks – Tenor
Philip Mayers – Klavier

Liedtext

2. »Untergang«
Über den weißen Weiher
Sind die wilden Vögel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind.

Über unsere Gräber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.

Immer klingen die weißen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht.

3. »Elis«
Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags.
Unter alten Eichen
Erscheinst du, Elis, ein Ruhender mit runden Augen.

Ihre Bläue spiegelt den Schlummer der Liebenden.
An deinem Mund
Verstummten ihre rosigen Seufzer.

Am Abend zog der Fischer die leeren Netze ein.
Ein guter Hirt
Führt seine Herde am Waldsaum hin.
O wie gerecht sind, Elis, alle deine Tage.

Ein heiterer Sinn
Wohnt in der Winzer dunklem Gesang,
Der blauen Stille des Ölbaums.
Bereitet fanden im Haus die Hungernden Brot und Wein.

6. »Am Hügel«
Still vergeht am Saum des Waldes
Ein dunkles Wild
Am Hügel endet leise der Abendwind,

Balde verstummt die Klage der Amsel
Und die Flöten des Herbstes
Schweigen im Rohr.

Mit silbernen Dornen
Schlägt uns der Frost,
Sterbende wir über Gräber geneigt.

Oben löst sich blaues Gewölk;
Aus schwarzem Verfall
Treten Gottes strahlende Engel.

Gedichte von Georg Trakl (1887–1914)

Johann Michael Bach

»Halt, was du hast«
Motette für zwei Chöre und Basso continuo

David Adorjan – Violoncello
Bettina Pieck – Orgel
Rundfunkchor Berlin
Justus Barleben – Dirigent

Liedtext

Chor 2:
|: Halt, was du hast,
dass niemand deine Krone nehme. :|

Chor 1: (parallel zu Chor 2)
Jesu, meine Freude,
meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier,
ach, wie lange
ist dem Herzen bange,
und verlangt nach dir.

Chor 2:
|:Und sei getreu bis in den Tod,
So wirst du empfahen ein herrliches Reich
und eine schöne Krone von der Hand des Herren.:|

Chor 1: (parallel zu Chor 2)
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
außer dir soll mir auf Erden
nichts sonst Liebers werden.

Weg mit allen Schätzen!
Du bist mein Ergetzen,
Jesu, meine Lust.

Weg, ihr eitlen Ehren!
Ich mag euch nicht hören,
bleibt mir unbewusst!

Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod
soll mich, wenn ich schon muss leiden,
nicht von Jesu scheiden.

Chor 1 und 2:
Gute Nacht, o Wesen, das die Welt erlesen,
mir gefällst du nicht.
Gute Nacht, ihr Sünden, bleibet weit dahinten,
kommt nicht mehr ans Licht!
Gute Nacht, du stolze Pracht!
Dir sei ganz, o Lasterleben,
gute Nacht gegeben.

Karin Rehnqvist

»Till Ängeln med de brinnande händerna« (An den Engel mit den brennenden Händen) (1990-2005)
für Chor mit Soli und Klarinette

Eva Friedrich – Sopran
Yongbeom Kwon – Countertenor
Lorenzo Dainelli – Klarinette
Rundfunkchor Berlin
Gijs Leenaars – Dirigent

Liedtext Übersetzung

Sänk dig ner, en gång, mot jordens rund
du högt förbiflygande ängel med brinnande händer.

Under de många vintrar som följt på varandra
har våra ögon och läppar alltmer frusit samman.

Berör oss bara en gång, med dina glödande handflator;
tryck dem bara helt lätt mot våra nedisade ansikten.

Och låt oss sedan sova lugnt
i askan som blir kvar efteråt.

Text: Björn von Rosen (1905–1989)

Steig einmal herab aufs Erdenrund
du hoch vorüberfliegender Engel mit brennenden Händen.

In den vielen Wintern, die aufeinander folgten,
sind unsere Augen und Lippen zunehmend gefroren.

Berühr uns nur einmal mit deinen glühenden Handflächen;
drück sie nur ganz leicht gegen unsere eisigen Gesichter.

Und dann lass uns friedlich schlafen
in der Asche, die danach noch bleibt.

Eugène Ysaye

»Obsession – Prelude: Poco vivace« (1. Satz) aus der Violinsonate op. 27, No. 2 »Jacques Thibaud« (1923)
für Violine solo

Yuval Herz – Violine

Johannes Brahms

Intermezzo es-Moll aus »Sechs Klavierstücke« op. 118 (1893)
für Klavier solo

Philip Mayers – Klavier

Nils Vigeland

»Two Songs of Czesław Miłosz« (2004)
1. »A Song on the End of the World«
2. »Recovery«
für Sopran und Klavier

Karen Rettinghaus – Sopran
Philip Mayers – Klavier

Liedtext Übersetzung

1. »A Song on the End of the World«

On the day the world ends
A bee circles a clover,
A fisherman mends a glimmering net.
Happy porpoises jump in the sea,
By the rainspout young sparrows are playing. And the snake is gold-skinned as it should always be.

On the day the world ends
Women walk through the fields under their umbrellas, A drunkard grows sleepy at the edge of a lawn,
Vegetable peddlers shout in the street
And a yellow-sailed boat comes nearer the island,
The voice of a violin lasts in the air
And leads into a starry night.

And those who expected lightning and thunder, Are disappointed.
And those who expected signs and archangels’ trumps
Do not believe it is happening now.
As long as the sun and the moon are above,
As long as the bumblebee visits a rose,
As long as rosy infants are born
No one believes it is happening now.

Only a white-haired old man, who would be a prophet
Yet is not a prophet, for he’s much too busy,
Repeats while he binds his tomatoes:
There will be no other end of the world,
There will be no other end of the world.

2. »Recovery«
Here I am – why this senseless fear?
The night is over, the day will soon arise.
You hear. The shepherds’ horns already sound,
And stars grow pale over the rosy glow.

The path is straight. We are at the edge.
Down in the village chimes the little bell.
Roosters on the fences greet the light
And the earth steams, fertile and happy.

Here it is still dark. Fog like a river flood
Swaddles the black clumps of bilberries.
But the dawn on bright stilts wades in from the shore
And the ball of the sun, ringing, rolls.

Gedichte von Czesław Miłosz (1911–2004),
übersetzt aus dem Polnischen ins Englische von Anthony Milosz

1. »Ein Lied vom Ende der Welt«

Am Tag, an dem die Welt endet,
umkreist eine Biene den Klee,
flickt ein Fischer sein glitzerndes Netz,
springen im Meer glückliche Tümmler,
spielen junge Spatzen am Regenrinn,
und die Schlage trägt goldenes Kleid, so wie sich das gehört.

Am Tag, an dem die Welt endet,
gehen Frauen beschirmt über die Felder,
nickt der Säufer am Rasenrand ein,
rufen Gemüsehändler auf der Straße,
und das Boot mit den gelben Segeln steuert auf die Insel zu,
der Gesang der Geige hängt in der Luft
und eröffnet eine sternklare Nacht.

Und jene, die Blitze und Donner erwarteten, sind enttäuscht.
Und jene, die Zeichen und Engels-Posaunen erwarteten, begreifen nicht, dass es bereits geschieht.
Solange Sonne und Mond sich oben drehen,
solange die Hummel die Rose besucht,
solange rosige Kinder geboren werden,
glaubt niemand, dass es bereits geschieht.

Nur ein weißhaariger Alter, der Prophet sein könnte,
und doch keiner ist, weil er anderes zu tun hat,
sagt beim Hochbinden seiner Tomaten:
Es gibt kein anderes Ende der Welt.
Es gibt kein anderes Ende der Welt.

2. »Erholung«
Hier bin ich – warum diese sinnlose Angst? Die Nacht ist vorbei,
der Tag wird bald anbrechen.
Du hörst. Schon klingen die Hörner der Hirten, Und Sterne verblassen über rosigem Schein.

Der Weg ist gerade. Wir steh’n an der Kante.
Unten im Dorf läutet die kleine Glocke.
Hähne auf den Zäunen grüßen das Licht
Und die Erde dampft, fruchtbar und glücklich.

Hier ist es noch dunkel. Nebel wie ein flutender Fluss
umhüllt die schwarzen Blaubeerbüschel.
Doch die Morgendämmerung watet auf hellen Stelzen vom Ufer heran
Und der Ball der Sonne rollt, klingeld.

Herbert Howells

»I heard a voice from heaven« aus dem »Requiem« (1932)
für Chor a cappella mit Soli

Eva Friedrich – Sopran
Young Wook Kim – Bariton
Rundfunkchor Berlin
Gijs Leenaars – Dirigent

Liedtext Übersetzung

I heard a voice from heaven, saying unto me,
Write!
From henceforth blessed are the dead which die in the Lord:
even so saith the Spirit,
for they rest from their labours.

Text: Offenbarung des Johannes 14,13

Und ich hörte eine Stimme vom Himmel her rufen:
Schreibe!
Selig die Toten, die im Herrn sterben, von jetzt an;
ja, spricht der Geist,
sie sollen ausruhen von ihren Mühen.

Prince

»Purple Rain« (1984)
bearbeitet für Tenor, Chor und Klavier von Milda Zapolskaitė

Holger Marks – Tenor
Philip Mayers – Klavier
Rundfunkchor Berlin
Gijs Leenaars – Dirigent

Liedtext Übersetzung

I never meant to cause you any sorrow,
I never meant to cause you any pain.
I only wanted one time to see you laughing.
I only want to see you laughing
In the purple rain.

|: Purple rain, purple rain :|
I only wanted to see you bathing In the purple rain.

I never wanted to be your weekend lover
I only wanted to be some kind of friend,
Baby, I could never steal you from another
It′s such a shame our friendship had to end.

|: Purple rain, purple rain :|
I only wanted to see you underneath the purple rain.

Honey, I know, I know, I know times are changing.
It's time we all reach out for something new,
That means you too.
You say you want a leader.
But you can′t seem to make up your mind.

I think you better close it,
And let me guide you to the purple rain.

|: Purple rain, purple rain :|
I only wanted to see you underneath the purple rain.
|: Purple rain, purple rain :|

Text: Prince (Rogers Nelson) (1958–2016)

Ich wollte dir nie Kummer bereiten,
ich wollte dir nie Leid zufügen.
Ich wollte dich nur ein einziges Mal lachen sehen.
Ich möchte dich nur lachen sehen
Im lila Regen.

|: Lila Regen, lila Regen :|
Ich wollte dich nur im Purpurregen baden sehen.

Ich wollte nie dein Wochenendliebhaber sein
Ich wollte nur eine Art Freund sein,
Baby, ich könnte dich nie einem anderen wegnehmen
Es ist ein Jammer, dass unsere Freundschaft enden musste.

|: Lila Regen, lila Regen :|
Ich wollte dich nur unter dem Purpurregen sehen.

Schatz, ich weiß, ich weiß, ich weiß, die Zeiten ändern sich.
Es ist Zeit, dass wir uns alle nach etwas Neuem umsehen,
Das gilt auch für dich.
Du sagst, du willst einen Anführer.
Aber du scheinst dich nicht entscheiden zu können.

Ich denke, du solltest es nun besser tun,
Und lass mich dich zum Purpurregen führen.

|: Lila Regen, lila Regen :|
Ich wollte dich nur unter dem Purpurregen sehen.
|: Lila Regen, lila Regen :|

Programmeinführung

György Ligeti – »Hommage à Hilding Rosenberg«

Dieses Duett für Violine und Cello schrieb Ligeti 1982 anlässlich des 90. Geburtstages von Hilding Rosenberg, den er durch seine Lehrtätigkeit an der Universität in Stockholm in den 60er-Jahren kennenlernte. Die beiden Stimmen wechseln sich damit ab, einerseits ein immer leicht variiertes, abwärts laufendes Motiv und andererseits stehende Akkorde zu spielen.

Hilding Rosenberg – Choral Nr. 1 aus der Symphonie Nr. 4 »Die Offenbarung des Johannes«

Hilding Rosenberg war die zentrale Figur der schwedischen klassischen Musik des 20. Jahrhunderts. Ähnlich wie etwa Schönberg oder Ravel war er stark in bestehenden Konventionen behaftet und sah sich selbst in der ungebrochenen Tradition seiner musikalischen Idole Bach, Mozart, Beethoven und Brahms. Dabei nutzte er traditionelle Formmodelle als Ausgangspunkt für seine Kompositionen, formte diese aber um und füllte sie mit einer modernen, »zeitgemäßen« Tonsprache. Der hier gesungen Choral »Es brennt auf der Insel, die Erde heißt« steht mit seiner ruhigen und zurückgehaltenen Tonsprache dagegen in einem starken Kontrast zur restlichen Symphonie. Er bildet einen starken Gegenpol zum Text, in dem der Zweite Weltkrieg beschrieben wird.

Olivier Messiaen – »Vocalise, pour l’ange qui annonce la fin du temps« (2. Satz) aus »Quatuor pour la fin du temps«

Dieses Stück entstand in einer absoluten Ausnahmesituation. In deutscher Kriegsgefangenschaft komponierte Messiaen das »Quartett für das Ende der Zeit« 1940/41 auf mehreren losen Blättern und leitete dort dessen Uraufführung mit Instrumenten, die nur durch Spenden von Mitgefangenen gekauften werden konnten. Die hier gespielte 2. Satz »Vokalise«, ein Lied ohne Worte, soll die Ankunft des Engels verkünden, der später im Quartett das Ende der Welt verkünden und einläuten wird.

Wilhelm Killmayer – Auszüge aus »Schweigen und Kindheit. Sechs Lieder nach Gedichten von Georg Trakl«

So wie auch die zugrunde liegenden Gedichte von Georg Trakl von Stille erzählen, so sind auch Killmayers Lieder von 1996 geprägt von einem konsequenten Reduktionismus. Er beschränkt sich auf das Allernötigste: Die Kompositionen haben meist nur ein einziges tonales Zentrum, welches anhand von nur wenigen, aber dafür umso spannungsgeladeneren Tönen gebildet wird. Die Totenstille des Textes findet auf diese Weise ein sehr stimmiges musikalisches Pendant.

Johann Michael Bach – »Halt, was du hast«

Johann Michael Bach Choräle waren ein großer Einfluss für dessen deutlich jüngeren – und deutlich berühmteren – Verwandten Johann Sebastian. In »Halt, was du hast« werden die beiden Chöre eindrucksvoll miteinander verwoben. Dabei haben beide ihre eigenen, teilweise gegeneinander wirkenden Texte, die erst in der letzten Strophe zusammenfinden und schließlich den Abschied vom Leben gemeinsam verkünden.

Karin Rehnqvist – »Till Ängeln med de brinnande händerna«

»An den Engel mit den brennenden Händen« ist ein Werk, in dem eine Oboe (in dieser Aufführung eine Klarinette) dem ganzen Chor gegenübergestellt wird und trotz der ungleichen Verhältnisse standhalten muss. Das kann sie vor allem durch die sehr interessante Melodik, denn die instrumentale Solostimme hat die Komponistin Karin Rehnqvist mit vielen (sehr schwierig zu spielenden) Vierteltönen bedacht. Auch der Chor ist nicht ohne technische Herausforderungen, denn der Gesang ist an das nordeuropäische »Kuning« angelehnt, eine von Viehhirtinnen verwendete dem Jodeln ähnliche Gesangstechnik.

Eugène Ysaÿe – »Obsession – Prelude: Poco vivace« (1. Satz) aus der Violinsonate op. 27, No. 2 »Jacques Thibaud«

»Obsession« ist sehr eindrücklich in diesem Auszug aus Ysaÿes zweiter Violinensonate hörbar. Er stellt hier zwei Motive – beides Zitate – gegenüber: Den Beginn macht das fröhlich und heiter anmutende Thema aus Bachs Partita Nr. 3, das jäh von einem wilden Gegenmotiv unterbrochen wird. Darin wird der »Dies Irae« (»Tag des Zorns«) zitiert, ein Gesang aus der katholischen Totenmesse, der in der klassischen Musiktradition seit jeher als Kennzeichnung für den Tod verwendet wird. Zunächst ist er nur entfernt angedeutet, aber gegen Ende wird er dann in Gänze zitiert und dominiert vollständig die Musik.

Johannes Brahms – Intermezzo es-Moll aus »Sechs Klavierstücke« op. 118

Brahms war zeitlebens kein Freund oder Vertreter von Programmusik, also von Musik, der durch außermusikalische Texte Sinn oder Inhalt zugeschrieben wird. Das bedeutet im Umkehrschluss aber natürlich nicht, dass er auf innermusikalische Bedeutungszuweisungen verzichtete, wie im »Intermezzo« Nr. 6 aus den »Sechs Klavierstücken« zu sehen ist. Hier benutzt sehr präsent als zentralen Baustein der Melodie, genauso wie Ysaÿe, ein Zitat aus dem »Dies Irae«. Durch dieses Zitat ist dieses teils mysteriös-düstere, teils heroische Stück eine explizite Beschäftigung mit dem Sterben, zumal er nach der Komposition selber nur noch vier weitere Jahre lebte.

Nils Vigeland – »Two Songs of Czesław Miłosz«

An den Rand des Abgrunds führt der erste
 der »Two Songs of Czeslaw Milosz« von Nils Vigeland. Hier werden zwei Gedichte des polnischen Dichters Czeslaw Milosz vertont, die von seinen Erfahrungen im Widerstand gegen die Besetzung durch die Nazis inspiriert wurden. Das zweite Lied »Recovery« führt dann textlich wieder aus der Katastrophe heraus, mehr aber als Hoffnung für die Zukunft.

Herbert Howells – »I heard a voice from heaven« aus dem »Requiem«

Als bedeutendster und fähigster Komponist der anglikanischen Kirchenmusik ist der Komponist Herbert Howell in Erinnerung geblieben. In seinem Requiem aus dem Jahr 1932 verwendet er dabei ausgesprochen moderne Kompositionsmethoden. Besonders die Clusterakkorde, also dissonante Zusammenklänge von meist sehr dicht beieinanderliegenden Tönen, sind eine sehr effektvolle Technik – die mittlerweile mit dem erst Jahrzente später wirkenden György Ligeti assoziiert wird – und die diesem Stück einen geradezu außerirdischen Klang verleihen.

Prince – »Purple Rain«

»Purple Rain«, das ist das Blut, das den Himmel verfärbt und das Ende der Welt verkündet. So hat es zumindest Prince selber dargestellt, nachdem viel über die Bedeutung dieses enorm populären Soundtracks für seinen gleichnamigen Film spekuliert wurde. Darin spielt der Sänger einen talentierten aber in persönlichen Schwierigkeiten steckenden jungen Musiker. Der Song stellt dabei den emotionalen Höhepunkt dar – nicht nur im Film, sondern auch in diesem Konzert.

Programmeinführung von Leander von Criegern

Location

Heimathafen Neukölln

Der Heimathafen Neukölln ist seit 2009 ein etablierter Ort für kulturelle Veranstaltungen in Berlin. Von Theateraufführungen über Konzerte bis hin zu politischen Debatten bietet das Haus im Herzen von Neukölln dem Publikum ein vielseitiges Programm. Der einst von einem Kollektiv aus zehn Frauen gegründete Heimathafen begreift sich selbst als "Untersuchungsraum" für die unterschiedlichsten Formate. Damit ist er der ideale Ort für unsere RundfunkchorLounges, die nicht nur mit überraschenden musikalische Elementen begeistern, sondern darüber hinaus auch Raum für anregende Gespräche bieten.

Projekt

RundfunkchorLounge: was ist das eigentlich?

Vokalmusik und anregende Diskussionen in entspannter Atmosphäre: Die RundfunkchorLounge geht in die nächste Saison.

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