Auch in seiner vierten Saison hat Chefdirigent Gijs Leenaars alle Hände voll zu tun: Er dirigiert unseren Chor sowohl bei A-cappella- als auch bei chorsinfonischen Konzerten, bei szenischen Produktionen und Tourneekonzerten. Darüber hinaus leitet er 2018/19 unsere CD-Aufnahmen im Studio und konzipiert weiterhin das musikalische Programm für die drei Lounges im silent green Kulturquartier. Im Interview erzählt er, was ihn in der Saison 2018/19 bewegt.
Die Saison 2018/19 wird deine vierte als Chefdirigent des Rundfunkchores Berlin sein. Was sagst du nach den bisherigen Erfahrungen: War es eine gute Idee, nach Berlin zu kommen?
Ja! Ich finde es nach wie vor toll, mit dem Chor zu arbeiten. Es gibt wohl keinen anderen Chor, der so viel Verschiedenes so gut macht und der sich mit so einem breiten Repertoire und so verschiedenen Formaten beschäftigen kann. Das funktioniert auch deshalb, weil Berlin als Kulturstadt großartig ist.
Die Spielzeit beginnt mit der Internationalen Meisterklasse für Chordirigieren. Ist dir das Projekt ein Anliegen?
Absolut – auch wenn es durchaus anstrengend ist. Die Tage sind lang, man muss sehr konzentriert nicht nur die Kandidaten beobachten, sondern auch den Chor. Und ich muss auch mich selbst beobachten, damit ich verstehe, was ich in bestimmten Situationen wie mache. Aber das ist auch das Besondere daran. Ich habe in der letzten Meisterklasse viel gelernt – einfach weil man die Dinge aus einer anderen Perspektive sieht und anders übers Dirigieren und Musizieren nachdenkt. Ich freue mich wirklich sehr auf die Meisterklasse!
Im Oktober folgt als großes Projekt Beethovens »Missa solemnis« mit der Kammerakademie Potsdam, die du selbst dirigieren wirst.
Das ist ein sehr schwieriges Stück, aber ich finde alle Werke des späten Beethoven sehr reizvoll – auch wenn es manchmal drei, vier Minuten gibt, in denen man es schwer hat. (lacht) Ich werde versuchen, das Werk vor meinem Hintergrund als Chordirigent anzugehen. Der Chor singt die »Missa« regelmäßig mit sehr guten Dirigenten, die aber aus einer anderen Welt kommen und eine andere Perspektive haben als ich. Das Werk ist fast unsingbar, und ich glaube, dass es an manchen Stellen helfen kann, wenn man es als Chorleiter angeht.
Siehst du dich als Chordirigenten oder als Dirigenten, der hauptsächlich Chöre leitet?
Letzteres, wobei ich mich schon immer sehr für Stimmen interessiert habe und glaube, dass hier meine Stärke liegt. Aber ich habe Erfahrung mit Orchestern, sonst würde ich mich nicht an die »Missa solemnis« herantrauen.
Beim Weihnachtskonzert präsentiert ihr auch wieder eine Reihe an A-cappella-Werken.
Wir singen Martinů, Janáček und andere slawische Komponisten, die ich sehr mag. Ich finde es wunderbar, dass ich das Programm selbst zusammenstellen kann. Und ich kann als Chefdirigent sehr intensiv mit dem Chor arbeiten. Das ist eine andere Arbeit als in der Chorsinfonik, weil man anders singt. Solche Projekte sind einfach essenziell für die Chorarbeit. Und das Weihnachtskonzert hält für unser Publikum viele reizvolle Entdeckungen aus dem A-cappella-Repertoire bereit.