Der Bassist Rainer Schnös ist nicht nur seit 2001 Mitglied im Rundfunkchor Berlin. Als Gitarrist und Bandleader wirkt er außerdem bei der jährlichen Liederbörse mit und tritt regelmäßig als Komponist in Erscheinung – so auch bei der RundfunkchorLounge am 25. Januar 2017 im silent green Kulturquartier.
Wie bist du zum Komponieren gekommen?
Als meine Mutter mir als Kind aus einem Buch über Mozart vorlas, hat mich das so beeindruckt – da hatte ich gerade Klavierunterricht bekommen –, dass ich angefangen habe, Menuette im 4/4-Takt und ähnliches zu komponieren. Ich habe mir ein Heft angelegt für meine eigenen Kompositionen, das war mein Einstieg. Für die Bands, in denen ich gespielt habe, habe ich Arrangements geschrieben, im Leistungskurs Musik auch mal einen Chorsatz oder Kammermusik. Im Klavierstudium an der Folkwang-Hochschule in Essen haben wir im Tonsatz-Kurs Stilkopien geschrieben, Fugen und Inventionen wie etwa von Bach oder Sonatensätze von Haydn, und das hat mich angefixt. Mein Professor hatte mich damals sogar gefragt, ob ich nicht Komposition studieren wollte, aber ich hatte andere Pläne und wollte auch nicht für die Schublade schreiben, – meine Stücke wollte ich schon aufgeführt wissen. Die Gelegenheit ergab sich dann 2008 mit dem ersten KammermusikPodium »Sänger komponieren«, da hatte ich mein spätes »Coming-out« als Komponist mit den drei »Witch Songs« auf Texte von Shakespeare und Middleton, die seitdem mehrfach aufgeführt worden sind. Seither betreibe ich das ernsthafter.
Wie fängst du an und was hast du konkret für die RundfunkchorLounge geschrieben?
Meine Zeit ist sehr begrenzt durch meinen Hauptberuf im Chor und durch meine Familie. Ich schreibe nur, wenn es einen Anlass gibt, dann nehme ich mir die Zeit. Bei den KammermusikPodien haben wir Komponisten uns zusammengesetzt und den Rahmen der Besetzungen abgesteckt. Das haben wir diesmal auch getan: Wir haben uns auf ein sehr transparentes Klangbild geeinigt mit zwei oder drei Frauenstimmen, Cello und Klarinette. Sehr reduziert – was aber auch anspruchsvoll ist, weil man den Raum füllen muss. Was die Texte betrifft, lande ich eigentlich immer wieder bei Shakespeare, aber diesmal habe ich ein Gedicht von Else Lasker-Schüler vertont, »Weltflucht«, das mich mein ganzes Studium über begleitet hat und das ich schon immer vertonen wollte. Dazu habe ich zwei weitere ihrer Gedichte ausgewählt, sodass sich ein Dreierzyklus ergibt.
Ist es ein besonderer Reiz, für Stimmen zu schreiben, die du so gut kennst?
Ja, und ich finde es einfacher, weil ich weiß, was ich den Sängern und den Musikern abverlangen kann, was funktioniert und was nicht. Vielleicht würde ich komplexer schreiben, wenn wir mehr Proben zur Verfügung hätten. Aber da bin ich selbst zu sehr Musiker. In unserem Fall kenne ich nicht nur die Sängerinnen, sondern auch den Klarinettisten und den Cellisten, und mir macht es Spaß, wenn man sich vorher trifft und überlegt, was man an neuen Klängen bringen kann, und Dinge ausprobiert. Bei den »Witch Songs« haben wir damals für die Klarinette tolle Multiphonics gefunden, so übrigens jetzt auch bei »Weltflucht«.