Interviews

Auf ein Wort mit Josette Micheler

Josette Micheler, Alt im Rundfunkchor Berlin

Die Altistin Josette Micheler ist seit 2010 festes Mitglied im Rundfunkchor Berlin. Bei den »Time Travellers«-Konzerten im März wird sie als Solistin zu hören sein. Im Interview erzählt sie von dem neuen Konzertformat und verrät, wieso es sowohl für das Publikum als auch für den Chor ein spannendes Erlebnis wird.

»Time Travellers« ist das neue transdisziplinäre Projekt des Rundfunkchores Berlin und viel mehr als ein klassisches Konzertformat. Was kannst Du schon über das Projekt verraten?

Der Chor wird nicht auf einem Podium stehen, sondern im Raum verschiedene Positionen einnehmen, sodass die Grenze zwischen Publikum und Ausführenden aufgehoben ist. Auch treten als zusätzliche Ebene zwei Tänzer auf und es wird mit Licht- und Videoinstallationen gearbeitet. Besonders ist auch, dass die Stücke ineinander verschachtelt aufgeführt werden.

Was ändert sich für Dich bei Auftritten, bei denen Du direkten Kontakt zum Publikum hast?

Bei mir werden die Gefühle intensiver: Einerseits möchte ich dann den einzelnen Zuhörer mit meinem Gesang direkter berühren, indem ich z.B. noch stärker in den Ausdruck gehe, und das ist dann für mich selbst auch schön; andererseits steigt auch die Spannung durch die unmittelbare Beobachtung aus der Nähe.

Bekommst Du die einzelnen Reaktionen der Besucher mit oder bist Du ganz konzentriert auf das Singen?

Die Konzentration auf den eigenen Körper beim Singen und die Wahrnehmung der Zuschauer laufen parallel, würde ich sagen. Aber da kommt es dann auch auf die Tagesform an, inwieweit man sich der Energie des Publikums öffnet.

Kann man das überhaupt ohne Publikum proben?

Ja, die Abläufe werden bei den Proben ganz genau einstudiert, aber natürlich fühlt es sich dann mit Publikum anders an und man muss sich mehr um den Fokus bemühen, um nicht abgelenkt zu werden. Da kommt dann nochmal eine weitere Komponente hinzu, die vorab nicht zu greifen ist. Das macht es spannend!

Das Programm lebt nicht allein von der Musik; auch Video-Installationen und Tanz-Performances werden Teil der Aufführungen sein. Wie erlebst Du das Zusammenspiel dieser verschiedenen künstlerischen Elemente?

Es ist toll, von verschiedenen künstlerischen Elementen angesprochen zu werden. Ich denke, es macht einen noch berührbarer. Allerdings nur, wenn es perfekt aufeinander abgestimmt ist. Sonst lenkt es von der Musik ab. Daher wird das Projekt minutiös geplant und wir haben viele Proben, um eine wirklich gelungene Symbiose zu schaffen.

Im Zentrum des Projektes steht mit Jonathan Doves »The Passing of the Year« aus dem Jahr 2000 ein vergleichsweise junges Stück. Was macht dieses Werk aus? Welche Rolle spielen die Werke von Komponisten wie Debussy, Brahms und Dowland, die auch Teil des Programms sind?

Ich mag die Texte, die Dove für das Stück verwendet hat, sehr gerne. Er geht gut mit der Sprache um und schafft es, sie durch seine Vertonung ganz plastisch zu machen. Bei diesem zentralen Stück stehen die Jahreszeiten – the passing of the year – für das Leben: Geburt, im Leben sein, Tod. Die anderen Stücke reihen sich thematisch ein und umranken das Stück sozusagen.

 Ist das Singen im Rundfunkchor Berlin ein Traumberuf für Dich?

Absolut! Ich liebe es mit der Stimme so differenziert umgehen zu müssen, wie es in solch einem Chor verlangt wird. Man muss ganz offen bleiben und sich immer mit Kollegen musikalisch verbinden. Das ist herausfordernd und toll!

Welche Musik hörst Du privat am liebsten?

Ich mag gerne die Stille zuhause, aber wenn, dann läuft bei mir Jazz, Soul, schlichter Pop. Auch elektronische Musik mag ich manchmal.

Hast Du ein Ritual vor dem Auftritt?

Ich versuche, das Tempo des Tages zu drosseln, mich zu entspannen, singe mich gründlich ein und dann – ganz wichtig – esse ich etwas.

Auf welches Konzert der kommenden Monate freust Du Dich ganz besonders?

Ich freue mich natürlich besonders auf »Time Travellers«.

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