Interviews

Auf ein Wort mit Jan Remmers

Foto Jan Remmers, Tenor im Rundfunkchor Berlin

Jan Remmers ist seit 2005 festes Mitglied im Rundfunkchor Berlin. Der Tenor trat schon häufiger kammermusikalisch in Erscheinung – auch in der früheren Kammermusik-Reihe des Rundfunkchores Berlin, den KammermusikPodien. In der RundfunkchorLounge am 9. Mai 2018 präsentiert er gemeinsam mit seiner Kollegin Barbara Berg und einem Hornquartett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin Werke der drei Rundfunkchor-Bässe Jörg Schneider, Rainer Schnös und David Stingl.

»Das macht der Mai« ist das Thema der nächsten RundfunkchorLounge. Was verbindest du persönlich mit dem Mai?

Schöne Jahreszeit, ein sich ankündigender Sommer, Sonne, Pollenallergien.

Was ist deine Rolle bei der RundfunkchorLounge?

Da habe ich das volle Programm vom Chorsänger im Rundfunkchor Berlin über den Chorsänger in einem kleinen Ensemble bis hin zum Solisten. Und das ist sängerisch eine gewisse Herausforderung. Technisch singt man genauso, aber von der Einstellung her ist es anders.

Wie kam es zu diesem Projekt: Werke von drei Rundfunkchor-Sängern für die Besetzung Sopran, Tenor und Hornquartett?

Mit meinem alten Ensemble, dem Herrenquartett Vokalzeit, habe ich vor ungefähr zehn Jahren ein Projekt gemeinsam mit diesem Hornquartett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin gemacht. Das hat mir viel Spaß bereitet, denn die vier sind nicht nur gute Musiker, sondern allesamt auch sehr nette Menschen. Als wir letztes Jahr mit der »Deutschen Messe« von Stefan Heucke in Frankfurt waren, habe ich die vier wiedergetroffen. Abends nach der Probe kamen wir auf die Idee: Wieso machen wir nicht wieder was zusammen? Als dann unser Chordirektor Hans Rehberg Ideen für die RundfunkchorLounge sammelte, fragte ich Rainer Schnös: »Hast du nicht Lust, was für Hornquartett und Tenor zu schreiben?« »Nee«, sagte der, »aber für Hornquartett, Tenor und Sopran!« Dann haben wir Jörg Schneider und David Stingl angesprochen, ob wir nicht wieder mal eine Art »Sänger komponieren« machen wollten. Die drei Bässe haben früher schon regelmäßig Werke für unsere früheren KammermusikPodien geschrieben. Und sie waren sofort dabei. – Alle drei haben also für diese Besetzung geschrieben, Hornquartett mit den beiden Stimmen abwechselnd oder zusammen, das war jedem freigestellt.

Wie ist dein Eindruck nach der ersten Leseprobe?

Es sind sehr interessante Werke, das kann ich schon sagen. Alle drei Komponisten gehen völlig unterschiedlich mit der Besetzung um, und jeder auf eine interessante und schöne Weise!

Gibt es Vorbilder für diese Besetzung?

Es gibt Werke für Hornquartett und Herrenquartett. Das war zu Zeiten von Schubert in Mode, ist danach aber wieder verschwunden.

Ihr habt also die Chance, eine neue Gattung zu etablieren!

Es ist auf jeden Fall mal eine andere Besetzung! Das Horn ist ja sehr klangvoll und kann auch klangvoll laut sein, ohne wie eine Trompete oder eine Posaune alles »niederzumähen«. Hörner geben dem Orchester einen räumlichen Klang, aber man kann Hörner auch draußen hinstellen, und es hört sich immer noch volltönend an. Nun haben wir ja eine schöne Kuppel im silent green – das gibt wiederum andere Möglichkeiten.

Konntest du Einfluss auf die Kompositionen nehmen?

Das wollte ich gar nicht und das hätten die drei sicherlich auch nicht zugelassen. Handwerklich guter Kompositionen nehme ich mich mit großer Hingabe an, und bei den drei Kollegen ist da alles im grünen Bereich – die wissen, wie man für Stimme schreibt. Jeder der drei hat allerdings nochmal eine Art »Fragestunde« mit den Hornisten bekommen, was klanglich so alles möglich ist. Denn es macht schon einen Unterschied, ob man das in der Instrumentationslehre von Berlioz und Strauss liest oder ob man mit Leuten spricht, die ihr ganzes Leben mit dem Instrument verbracht haben.

Singst du zum ersten Mal Werke der drei?

Ein Werk von Jörg Schneider singe ich zum allerersten Mal. Und das freut mich sehr, denn er hat eine wirklich poetische Klangsprache – mehr verrate ich nicht. Von David Stingl habe ich vor Jahren mal in einem Oktett etwas gesungen, von Rainer Schnös schon des öfteren etwas. Alle Werke sind kompositorisch interessant geschrieben, sie liegen gut in der Stimme, das macht Freude.

Du trittst häufiger kammermusikalisch in Erscheinung. Was reizt dich an der Kammermusik?

Ich singe gern solistisch mit Instrument, meist mit Klavier. Man kann selbst frei gestalten, wie man es für richtig hält. Man ist mit seinem Partner auf Augenhöhe und nicht dem Koordinierungswillen eines Menschen unterworfen, der vorne steht und den besten Platz zum Hören hat. Das ist aber nicht negativ gemeint – in einer größeren Gruppe geht es einfach nicht anders.

Aber im Chor zu singen ist auch erfüllend?

Natürlich, das ist eine tolle Sache! Es ist anders. Anders schön. Ich habe viele Sternstunden mit dem Rundfunkchor Berlin erlebt, obwohl ich noch gar nicht so alt bin.

Welche Musik hörst du privat?

Ich mache täglich so viel Musik. Als Hörer würde ich sagen: Die schönste Musik ist mir die Stille.

Was war für dich das Konzert-Highlight in dieser Saison?

Das war Richard Wagners »Parsifal« mit den Berliner Philharmonikern und Simon Rattle. Es gab einige tolle Konzerte, aber das war eine Sternstunde. Das Orchester ist generell fantastisch, aber hier haben sie sich selbst übertroffen, und das gilt für meine Begriffe ebenso für Sir Simon. Und dann noch diese Riege an Weltstars als Solisten, die alle diese Bezeichnung verdienen. Da musste man als Chorsänger, wenn man gerade nicht zu singen hatte, einfach nur dasitzen und zusehen, dass man den Mund wieder zubekommt.

Teilen: