Interviews

Auf ein Wort mit Eva-Maria Baxmann-Krafft vom Förderverein

Der Förderverein unterstützt kontinuierlich die vielfältigen Konzertprojekte des international auftretenden Rundfunkchores Berlin, denn ein außergewöhnlicher Chor verdient in den Augen der Freundinnen und Freunde außergewöhnliches Engagement und Rückhalt. Als langjährige Vorsitzende der Freunde und Förderer des Rundfunkchores Berlin e.V. hat Eva-Maria Baxmann-Krafft bereits viele spannende Projekte des Chores begleitet und mithilfe der Mitglieder unterstützen können. Sie berichtet von Einblicken in die Arbeit der Sängerinnen und Sänger des Chores und von der Relevanz guter Freunde in Krisenzeiten.

Was verbindet Sie mit dem Rundfunkchor Berlin und was treibt Sie an, sich für den Chor zu engagieren?

Meine Einstiegsdroge, was den Rundfunkchor angeht, war vor vielen Jahren ein Mitsingkonzert mit dem Brahms-Requiem in der Philharmonie. Das war noch in der frühen Phase der Mitsingkonzerte, als noch viel Werbung dafür gemacht werden musste, doch inzwischen haben sich die Zeiten ja sehr geändert und man kommt nur noch ganz schwer an Karten. Es hat mich damals sehr beeindruckt, wie professionell dieser Tag des Mitsingkonzerts abgelaufen ist – musikalisch und auch die Organisation und das Management des Rundfunkchores betreffend. Zusätzlich hat mich der »Leaderchor« sehr angesprochen, der im Herbst desselben Jahres für Führungskräfte gegründet wurde, die keine Zeit für regelmäßige Chorproben haben. Als hier für den Förderverein geworben wurde, bin ich gemeinsam mit einigen anderen, die ebenfalls noch heute dabei sind, eingetreten, und habe dann nach einigen Jahren der Mitgliedschaft den Vorsitz des Vorstandes übernommen. Was mich auch weiterhin zum ehrenamtlichen Engagement bewegt, ist die Besonderheit, mit solch einem musikalischen Spitzenensemble mit weltweitem Renommee zusammenarbeiten zu können. Mich beeindrucken die Tourneen und hochklassigen Konzerte, zum Beispiel auch mit den Berliner Philharmonikern und anderen guten Orchestern, und natürlich auch die besonderen Projekte mit immer wieder neuen Formaten. Ich finde toll, was im Laufe der Zeit entstanden ist an ungewöhnlichen Orten und in außergewöhnlichen Formaten, und das sind Dinge, die es wert sind, unterstützt zu werden.

An welchen Projekten des Rundfunkchores war der Freundeskreis in den letzten Jahren vor allem beteiligt?

Unsere Förderung bezieht sich auf ganz unterschiedliche Bereiche. Vor allem sind wir bei den außergewöhnlichen Chorprojekten finanziell beteiligt, also zum Beispiel bei »LUTHER dancing with the gods« mit Robert Wilson oder im letzten Jahr das Beethoven-Projekt »THE WORLD TO COME«. Als Förderverein interessieren uns seit Jahren besonders die Projekte, bei denen der Rundfunkchor auch wirklich im Mittelpunkt steht. Das ist bei Produktionen wie beispielsweise dem »human requiem« besonders der Fall, denn da ist der Zuhörerschaft unmittelbar bewusst, dass es sich um den Rundfunkchor handelt, der da agiert. Und so ist es auch bei der szenisch inszenierten Matthäuspassion oder den weiteren Spezial-Projekten. Ich würde sagen das »human requiem« ist wirklich das absolute Lieblingsprojekt der Mitglieder des Fördervereins und auch vieler Hörerinnen und Hörer, da es sie emotional stark mit ihm verbindet. Als die Australien-Tournee des »human requiem« anstand, haben wir für das gesamte Ensemble und das Tourneeteam schwarze T-Shirts anfertigen lassen, und auf den Rücken gedruckt waren die zahlreichen Tourneedaten mit beeindruckenden Stationen wie New York, Brasilien, Hong Kong oder Athen. Dies zeigt auf eindrucksvolle Weise, welch besondere Geschichte das Chorprojekt bereits hat und darauf sind wir sehr stolz.

Wie erleben Sie den Austausch zwischen Freundeskreis, Chor und Management und was ist das besondere daran?

Da die Mitsingkonzerte Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus anziehen, haben wir viele Mitglieder, die außerhalb Berlins oder teilweise auch im Ausland leben. Mittlerweile gibt es das Format ja auch an anderen Orten, aber der Rundfunkchor war ein Pionier auf dem Gebiet und das hat, kann man sagen, Publikum aus aller Welt angezogen. Eine gute Möglichkeit zum Austausch unter den Mitgliedern des Fördervereins sind Probenbesuche des Chores. Dafür reisen auch schon mal vereinzelt einige der nicht in Berlin lebenden Mitglieder aus anderen deutschen Städten an.
Da ergeben sich persönliche Gespräche untereinander und mit den Sängerinnen und Sängern, wie auch bei Neujahrsempfängen oder anderen Veranstaltungen, an denen kleine Formationen aus dem Chor für die Mitglieder des Freundeskreises auftreten. Es ist für viele Mitglieder beeindruckend, so nah dran zu sein und die Arbeit des Rundfunkchores zu erleben. Viele singen ja selbst in einem Laienchor und finden diesen Einblick in eine ganz andere Welt sehr spannend. Wenn man einen solchen Probenbesuch mitgemacht hat und anschließend in ein Konzert dieses Stückes geht, dann hört man es ganz anders, als wenn man es nicht in der Probenphase erlebt hätte.

Für wen könnte eine Mitgliedschaft besonders interessant sein und welche Vorteile haben die Freundinnen und Freunde?

Ein Vorteil für Mitglieder ist natürlich die Bevorzugung beim Anmeldeverfahren für das Mitsingkonzert, aber das ist ein Aspekt unter vielen. Als Hauptargument sehe ich die Besonderheit dieses international renommierten Ensembles, die außergewöhnlichen Formate und die Möglichkeit, durch Probenbesuche und Hintergrundgespräche sehr nah dran zu sein. Zusätzlich ist es doch ein schönes Gefühl, Mäzen oder Mäzenin eines in Berlin ansässigen, so anerkannten Ensembles mit großer Strahlkraft zu sein. Manchmal wundere ich mich, dass die vielen Menschen, die selbst in Laienchören singen, deswegen noch lange nicht selbst Chorkonzerte besuchen. Hier könnten gemeinsame Aktivitäten interessant sein und noch viel mehr eine Verknüpfung des eigenen Singens mit dem Erleben des Rundfunkchores hergestellt werden.

Die Pandemie stellt sowohl den Chor als auch den Freundeskreis vor Herausforderungen. Wie können gute Freunde in schweren Zeiten helfen?

Da sich viele Mitglieder vor allem über das Mitsingkonzert mit dem Rundfunkchor verbunden fühlen, und diese in Pandemiezeiten nur in digitaler Form möglich sind, ist der Mitgliederstand leider etwas zurückgegangen. Ich merke, dass über die längere Zeit der persönliche Kontakt fehlt. Man muss aber auch sagen, dass es auf der anderen Seite viele Mitglieder gibt, die den Rundfunkchor weiterhin ganz gezielt unterstützen wollen und jetzt erst recht Mitglied bleiben. In einzelnen Fällen bekommen wir sogar Sonderzuwendungen – es ist also schon vielen bewusst, dass es für die Künstlerinnen und Künstler im Moment eine extrem schwierige Situation ist und da wollen sie die Unterstützung auch aufrechterhalten. Wenn Konzerte wieder stattfinden können, insbesondere auch das Mitsingkonzert, hoffen wir natürlich, erneut Mitglieder zu gewinnen. Neben der Unterstützung des künstlerischen Betriebes ist ein Förderschwerpunkt auch die Akademie des Rundfunkchores. Ihr Mentorenprogramm hat es im Moment ebenfalls schwer, doch die Nachwuchsförderung für das professionelle Chor- und Ensemblesingen liegt uns sehr am Herzen und wird weitergeführt.
Was uns noch bewegt ist die Unterstützung der langjährigen Bildungsinitiative »SING!« für Musikunterricht an Grundschulen. Das haben wir auch aufrechterhalten und es wurde in Zeiten von Homeschooling und Online-Formaten fortgesetzt. Oft ist nur von den Schulfächern Deutsch, Englisch und Mathe die Rede, doch uns ist sehr wichtig, dass der Musikunterricht in diesen Zeiten nicht untergeht. Auch die Musikschulen haben im Moment ja sehr zu kämpfen mit der Durchführung ihrer Angebote, daher hoffen wir, einen kleinen Beitrag leisten können, damit das Projekt »SING!« mittelfristig wieder voll aufleben kann.

Sind Ihnen bestimmte Momente mit dem Rundfunkchor Berlin besonders in Erinnerung geblieben?

Ich kann mich an einen Abend in der Philharmonie erinnern, als Mahlers 2. Sinfonie aufgeführt wurde. Obwohl ich von den intensiven mehrtätigen Probenworkshops des »Leaderchor« ganz schön erschöpft war, hat mich das Stück und der Gesang des Rundfunkchores so gerührt, das war ein ganz besonderer Moment. Auch eindrucksvoll ist der Männerchor in Schönbergs »Ein Überlebender aus Warschau«. Ein ganz besonderer unmittelbarer Eindruck vom Gesang des Rundfunkchores entsteht beim »human requiem«, da man sich zwischen den Sängern und Sängerinnen im Raum bewegt. Nach den Aufführungen habe ich immer wieder bemerkt, dass viele, die aus dem Saal kamen, total emotional berührt waren und teilweise Tränen in den Augen hatten. In normalen Konzerten gelingt es seltener, bei einem größeren Publikum solche emotionalen Momente zu erzeugen. Auch in der von Peter Sellars inszenierten Matthäuspassion in der Philharmonie konnte man im positiven Sinne Gänsehaut bekommen.

Welche Musik hören Sie gerne?

In erster Linie höre ich schon klassische Musik: Chor-, Orchester- und Klaviermusik. Ganz vorne natürlich Bach, der ist einfach der Größte! Obwohl ich auch manchmal durchaus zwischendurch Rockmusik höre. Sehr gerne mag ich auch Frank Sinatra, Cole Porter, Swing und teilweise Jazzmusik, zum Beispiel von Keith Jarrett oder Michael Wollny.

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